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Lara Krampf: Ein Spiel um Gleichberechtigung im Fußball

Es macht Sinn, sogar Jugendcoaches über Genderkompetenz zu schulen.
Lara Krampf
Spielerin bei DSG Dynama Donau

Einleitung: Vorstellung und Leidenschaft für Fußball

(Stefan Bartl) Hallo Lara, schön, dass du in unser Büro gekommen bist.

(Lara Krampf) Hallo Stefan.

(S) Wir arbeiten mit dir und Jasmine Sommer am Projekt Fokus: Frauen im Fußball, um den Frauen*fußball ins Rampenlicht zu rücken. Kannst du dich kurz vorstellen und uns erzählen, wie du zum Fußball gekommen bist?

(L) Ja klar, ich bin 23 Jahre alt, wohne in Wien und spiele gerne Fußball. Ich war schon immer sehr sportlich und habe den Fußball entdeckt, als ich acht Jahre alt war. Seitdem habe ich für ASV 13, Altera Porta, den Wiener Sportclub und jetzt für Dynama Donau gespielt. In meinem täglichen Leben lerne ich die Grinberg-Methode und bin froh, heute hier zu sein.*

Herausforderungen im Frauen*fußball: Ungleichheiten und Medienaufmerksamkeit

(S) Die Kampagne hat auch das Ziel, auf die Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten hinzuweisen, die im Frauen*fußball immer noch bestehen. Warum hat der Sport deiner Meinung nach nicht den Stellenwert, den er verdient?

(L) Ich glaube, dass es klare Gründe für diese Ungleichheit gibt, die auf den allgegenwärtigen Einfluss des Patriarchats in unserer Gesellschaft zurückzuführen sind. Es ist offensichtlich, dass der Frauen*fußball im Vergleich zum Männerfußball deutlich weniger Medienberichterstattung und Aufmerksamkeit erhält. Wenn man sich die Zuschauerzahlen in den Stadien an den Wochenenden ansieht, wird deutlich, dass es weniger Aufmerksamkeit und Bewusstsein dafür gibt, wie cool und aufregend Frauen*fußball ist. Es fehlt auch an finanzieller und sonstiger Unterstützung für den Frauen*fußball. Leider haben viele Frauen immer noch nicht einmal die Möglichkeit, zu spielen. Es ist erwähnenswert, dass Frauen oft vor einem finanziellen Hindernis stehen, wenn es darum geht, in einem Verein Fußball zu spielen, was bei Männern, die vielleicht sogar Geld verdienen, nicht der Fall ist. Dies kann unsere Wahrnehmung des Frauen*fußballs prägen. Mädchen haben es nicht leicht, im Fußball Fuß zu fassen, da es sich um eine relative Nischensportart handelt. Die Möglichkeiten für sie, Karriere zu machen, sind begrenzt. Alles in allem gibt es immer noch mehrere Aspekte, die problematisch sind und dazu führen, dass der Frauen*fußball hinter dem Männerfußball zurückbleibt.*

Nachwuchsförderung: Vorbilder und Trainerinnen im Frauen*fußball

(S) Fehlt es jungen Mädchen und heranwachsenden Frauen an Vorbildern im Sport, insbesondere angesichts des Mangels an Trainerinnen und Sportlerinnen im Allgemeinen? Wie können wir dieses Problem angehen und die Zahl der Trainerinnen im Fußball erhöhen?

(L) Die Sensibilisierung dafür, dass Fußball ein cooler Sport ist, ist ein wichtiger Ansatzpunkt. In klassischen Kinderbüchern, die immer noch verkauft und produziert werden, werden Mädchen nie als Fußballerinnen oder andere Sportlerinnen dargestellt. Stattdessen werden sie oft immer noch als kochende, backende oder mit Süßigkeiten herumfliegende Feen dargestellt. Ich denke, das Problem beginnt mit der Darstellung in der Kindheit, wenn Fußball oft als eine männliche Aktivität dargestellt wird und der Fokus auf männlichen Spielern wie Ronaldo, Neymar, Messi und Mbappé liegt. Und es setzt sich bis ins Jugendalter fort. Leider wird weiblichen Fußballern wie Mapi León, Alex Morgan und Laura Feiersinger nicht die gleiche Aufmerksamkeit zuteil. Trotz ihrer beeindruckenden Fähigkeiten werden sie nur selten in den Medien erwähnt, und wenn, dann oft nur in einem kurzen Artikel auf den hinteren Seiten einer Zeitung. Ich glaube, dass Clubs oft von Männern dominiert werden, und leider können einige Männer giftiges, unangenehmes und sexistisches Verhalten an den Tag legen. Das kann es für Frauen unattraktiv machen, in diesem Umfeld zu arbeiten und ihre Karriere voranzutreiben. Auch Schiedsrichterinnen haben es in einem von Männern dominierten Bereich nicht immer leicht. Es kann sehr entmutigend sein, während der Ausbildung die einzige Frau in einem Raum voller männlicher Schiedsrichter zu sein. Das Problem ist derzeit festgefahren und erfordert zusätzliche finanzielle Mittel und Aufmerksamkeit. „Fokus: Frauen im Fußball“ ist eine gute Gelegenheit, den nötigen Anstoß zu geben.

Geschlechterdiskriminierung im Sport: eine persönliche Sichtweise

(S) Was den Sexismus betrifft, so erinnere ich mich an eine Situation vor etwa einem halben Jahr, in der es um den spanischen Verband und einen Kuss-Skandal ging. Was war Ihre Meinung zu dieser ganzen Situation?

(L) Es war äußerst frustrierend, dass Spanien die Weltmeisterschaft gewonnen und ein fantastisches Spiel abgeliefert hat und sich die Medien dennoch auf das beleidigende Verhalten einer einzelnen Person konzentrierten.  Obwohl es enttäuschend war, dass dies vor einem weltweiten Publikum geschah, denke ich, dass es letztendlich positiv war. Es war wichtig zu zeigen, dass ein solches Verhalten inakzeptabel ist und Konsequenzen hat, was letztendlich dazu führte, dass der Verband ihn (Anm.: Luis Rubiales) entlassen hat. Solche Dinge passieren oft hinter den Kulissen, und erst in solchen Situationen kommen sie ans Licht. Ich habe danach auch ein Interview über den Vorfall gelesen. Anscheinend hat er auch die Spieler in der Umkleidekabine belästigt. Es war nicht das erste Mal, dass er sich so verhalten hat, und sie mussten es sich gefallen lassen, weil sie seine Unterstützung brauchten. Auch der Trainer hat es bis zu einem gewissen Grad toleriert. Daher ist es wichtig, dass dieses Problem ans Licht gekommen ist.

Finanzierung und Unterstützung für den Frauenfußball

(S) Viele Frauen*mannschaften haben Probleme, den Spielbetrieb aufrechtzuerhalten, weil es an finanziellen Mitteln und Sponsoren mangelt. Wie kommt es, dass Männerteams heute mehr Mittel erhalten als Frauen*teams?

(L) Ich habe mit Vereinsmanagern über dieses Thema gesprochen, weil ich es nicht nachvollziehen kann. Wenn man einen direkten Vergleich anstellt, können die Frauen*teams eines Vereins manchmal sogar besser sein als die Männermannschaften, was bedeutet, dass sie in höheren Ligen spielen. Aber letztlich ist es natürlich eine Frage des Einkommens, denn die Männer haben einfach mehr Zuschauer und bekommen mehr Sponsorengelder. Es ist oft eine Frage der Entscheidung, wohin man mehr Geld steckt, und wenn man ein bisschen Geld hat, muss man harte Entscheidungen treffen, und das führt oft dazu, dass der Frauen*fußball ins Hintertreffen gerät. Solange das der Fall ist, wird der Frauen*fußball immer auf der Strecke bleiben und nie so weit wie möglich kommen. Nun, nur in Bezug auf die Aufmerksamkeit und die Zuschauerzahlen, nicht auf die Qualität des Fußballs. Ich habe den Eindruck, dass Frauen auch ohne Geld sehr weit kommen können und dass die Summen, die in den Männerfußball fließen, ein absurdes Niveau erreicht haben.

Sichtbarkeit und Infrastruktur: Nationale und internationale Sichtweisen

Akademie Burgenland Frauen

(S) Zum Thema Sichtbarkeit und ein kleiner Ländervergleich: Die österreichische Nationalmannschaft hat in England gespielt, im Wembley-Stadion, vor 70.000 Zuschauern im Wembley-Stadion, und dann das Rückspiel in Wiener Neustadt, vor 2.000 Leuten. Warum ist das Interesse in Österreich immer noch so gering? Warum spielt das Frauenteam immer noch nicht zum Beispiel im Ernst-Happel-Stadion?

(L) Puh, um ehrlich zu sein, kann ich das nicht sagen. Ich war bei diesem Spiel in Wiener Neustadt und ich finde es peinlich, dass die Nationalmannschaft vor so einem kleinen Publikum auf internationaler Ebene spielt. Das ist eine absolute Respektlosigkeit und sollte einfach nicht so weitergehen. Das Stadion ist auch ziemlich unzugänglich, man braucht etwa 20 oder 30 Minuten vom Bahnhof aus, mit unregelmäßigen Busverbindungen. Oft muss man ein Taxi nehmen oder mit dem Auto hinfahren, was mühsam sein kann. Daher ist es logisch, dass nur wenige Leute zum Zuschauen kommen, und in der Zwischenzeit ist die Infrastruktur in Wien vorhanden, sie sollte genutzt werden. Es ist eine Frage der Prioritätensetzung, und da hinkt der österreichische Fußball eindeutig noch hinterher, wir brauchen mehr Bewusstsein und mehr Drive. Ein weiteres wichtiges Thema ist der Mangel an Frauen in Führungspositionen. Als Mann hat man die Ungleichheit in seiner Karriere vielleicht nicht erlebt, was zu weniger Verständnis, Bewusstsein und Antrieb führt, den Status quo zu ändern. Es wäre von Vorteil, wenn der ÖFB einen Blick darauf werfen würde, was schiefläuft, und die Gründe für den Mangel an Zuschauern im Frauenfußball, insbesondere bei internationalen Spielen, analysieren würde. Man könnte in Erwägung ziehen, mit jüngeren Menschen zusammenzuarbeiten, um mögliche Lösungen zu erkunden. Die Eröffnung eines Dialogs könnte ein positiver Schritt sein, da es viele talentierte und motivierte junge Fußballerinnen gibt. Leider ist mir nicht bekannt, wie sie dies in England erreicht haben. Es ist jedoch offensichtlich, dass in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte im Frauenfußball erzielt wurden, angetrieben durch den Zustrom von Energie und Geld in den Sport.

Sexismus und Machismus: Persönliche Erfahrungen und Herausforderungen

(S) Lass uns die Schattenseiten des Fußballs ansprechen. Hast du während deiner Karriere irgendwelche Erfahrungen mit Sexismus oder Machismus gemacht?

(L) Ja, eigentlich ziemlich viele Geschichten. Ich habe für ASV 13 gespielt, bis ich 14 war. Dann wurde ich von Altera Porta abgeworben und spielte in der 2. Bundesliga. Es war ein reiner Frauenverein mit einer großartigen Struktur, und ich habe mich dort wohl gefühlt. Später wollte ich mich weiterentwickeln und bin zum Wiener Sport-Club gegangen. Ich habe echte Geschichten von anderen Vereinen in Wien gehört, wo ein Trainer wegen sexuellen Missbrauchs von Frauen vor Gericht gegangen ist. Ich habe auch Geschichten gehört, die darauf hindeuten, dass dieses Verhalten im Frauen*fußball keine Seltenheit ist und dass Mädchen immer wieder damit konfrontiert werden. Es ist entmutigend, dass solche Situationen als normal angesehen und nicht hinterfragt oder angefochten werden. Ich habe auch Fälle erlebt, in denen Männer oder Trainer übermäßig viel Platz beanspruchen und die Aufmerksamkeit von Frauen suchen. Es ist wichtig, ein solches Verhalten anzusprechen und zu hinterfragen. Diese Handlungen können zu unangenehmen Situationen führen. Deshalb bin ich froh, Teil von Dynama Donau zu sein, einem selbstorganisierten Verein mit einem unterstützenden Trainer, bei dem gelegentlich sogar Spielerinnen die Trainingseinheiten leiten. Obwohl wir aufgrund unserer selbstorganisierten Struktur vor Herausforderungen stehen, streben wir danach, weibliche Trainer oder Personen zu haben, die sich mit Sexismus und Diskriminierung auskennen.

Wie kann man den Wandel im Frauenfußball-Trainerwesen fördern?

(S) Gibt es Trainerinnen, Funktionärinnen oder Vereine, die mit gutem Beispiel vorangehen? Du hast Dynama Donau als Beispiel genannt. Was macht die Trainerin anders als andere, die diesen Sinneswandel noch nicht erlebt haben? Was können Trainerinnen von diesem Trainer lernen?

(L) Ich glaube, es ist wichtig, sich seines eigenen Verhaltens bewusst zu sein und negative oder ungesunde Handlungen gegenüber Spielerinnen zu reflektieren. Es ist wichtig, auch in emotional aufgeladenen Situationen respektvoll zu bleiben und eine ruhige Einstellung zu bewahren. Es ist auch wichtig, sich seiner Macht und Position bewusst zu sein und entsprechend zu handeln. Es gibt kostenlose Sensibilisierungskurse und Workshops zu Sexismus und Diskriminierung, die von 100% Sport angeboten werden. Diese Ressourcen können dem Einzelnen helfen, gegen Diskriminierung vorzugehen. Außerdem gibt es Orte, die die Selbstreflexion und das Bewusstsein für das eigene Verhalten fördern. Die Entwicklung von Bereitschaft und Sensibilität ist entscheidend. Es ist wichtig festzuhalten, dass das Coaching von Frauen nicht auf Männer beschränkt sein sollte. Meiner Meinung nach ist es von entscheidender Bedeutung, den Mangel an weiblichen Coaches in der Branche zu beheben. Bestehende Coaches sollten ihre Position anerkennen und von den Erkenntnissen der Frauen in ihren Teams lernen. Außerdem ist es wichtig, ungesunde Machtstrukturen in den Vereinen zu beseitigen, indem Verantwortlichkeiten verteilt und eine Zentralisierung der Macht vermieden werden.

(S) Das wäre ein gutes Thema für einen Trainerlehrgang, um Genderkompetenz in eine bestimmte Richtung zu bringen. Für Jugendtrainer ist es vielleicht noch nicht relevant, aber für höhere Ebenen könnte es nützlich sein. Was meinst du dazu?

(L) Ich denke, es macht Sinn, auch Jugendtrainer auszubilden, denn Kinder lernen viel. Sie sind wie Schwämme, saugen alles auf und entwickeln sich jeden Tag weiter. Schau dir an, wie schnell Kinder wachsen und wie viele Entwicklungsschritte sie an einem Tag machen. Richtiges Gendering stärkt das Selbstvertrauen und verhindert, dass sie sich nicht zugehörig oder integriert fühlen.

Visionen für die Zukunft und Wünsche für den Fußball

(S) Lass uns zu einem Ende kommen. Wenn eine Fee dir einen Zauberstab in die Hand drücken würde und du drei Dinge im Frauen*fußball auf der Stelle ändern könntest, welche wären das?

(L) Ich würde gerne allen Frauen*mannschaften die nötige Ausrüstung und Trainingseinrichtungen zur Verfügung stellen, die für alle Spielerinnen geeignet sind und ihnen ein Gefühl der Zugehörigkeit und Inklusion vermitteln. Also erstens, die Ressourcen verbessern. Zweitens möchte ich freundliche, kompetente und nicht-diskriminierende Trainerinnen haben, die eine geschlechtsneutrale Sprache verwenden. Drittens ist es für den Frauen*fußball von entscheidender Bedeutung, alle Personen des Geschlechterspektrums einzubeziehen und einheitliche Regeln zu haben. In Deutschland zum Beispiel können Trans-Personen ohne Probleme spielen und werden nicht aufgrund ihrer Geschlechtsidentität diskriminiert. Der Fokus sollte auf dem Fußballspielen liegen, einem schönen Sport, und nicht auf der Geschlechtsidentität. Das wäre mein dritter Wunsch.

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