Im Zuge unserer Kampagne Fokus: Frauen im Fußball haben wir uns mit Jasmine Sommer von „real. girls. play. SOCCER“. getroffen. In einem Gespräch teilt sie ihre Gedanken, Fortschritte & Visionen mit uns.
– Hallo Jasmine, danke, dass du Zeit gefunden hast für uns. Kannst du dich kurz vorstellen und uns erzählen wie du zum Fußball gekommen bist?
– Ich bin aufgewachsen in einer Familie, in der Fußball schon immer einen sehr hohen Stellenwert hatte. Meine Mama hat Fußball gespielt, mein Papa hat Fußball gespielt, also ist mir der Fußball mehr oder weniger in die Wiege gelegt worden. Und ich habe sehr früh angefangen selbst zu spielen. Fußball ist für mich sehr wichtig und deswegen ist es auch für mich ganz logisch, dass ich mich bei „Fokus: Frauen im Fußball 2024“ engagiere.
– Aus welchen Gründen, glaubst du, haben Frauen im Fußball noch nicht den Stellenwert, den sie eigentlich haben sollten?
– Ich glaube, das ist ganz einfach. Wenn man an Fußball denkt, dann denkt man oft an Männer. Es fallen einem auch hauptsächlich nur männliche Fußballer ein und eher weniger weibliche Fußballer. Und es ist nun mal so, dass der Fußball sehr männerdominiert ist und deswegen ist der Stellenwert der Frauen, auch weil Frauenfußball in Österreich ja doch einige Zeit verboten war, noch nicht so, wie er jetzt eigentlich sein sollte.
– Wie nimmst du die aktuelle Situation zu dem Thema wahr? Wie kam es eigentlich zu diesem Umdenken in den letzten Jahren und was ist das Ziel?
– Zum einen gibt es jetzt zum Glück mehr Förderungen und deswegen ist es auch leichter für Frauen, Fußball zu spielen. Es sind die Rahmenbedingungen, die sich auch geändert haben. Es gibt immer mehr Mädchen- und Frauenteams. Man setzt verstärkt auf Mädchen und Frauen im Fußball, lässt ihnen auch den Raum, den sie brauchen, um auch etwas erreichen zu können. Und da hat sich schon einiges getan, vor allem auch in der Sichtbarkeit und auch in den Erfolgen, die dazu beigetragen haben, dass es so ist, wie es ist.
– Wie können wir, wie kannst du, wie kann die ganze Gesellschaft für mehr Sichtbarkeit sorgen, nicht nur für Frauen im Fußball, sondern generell für mehr Gleichberechtigung im Sport?
– Ich glaube, das fängt schon bei der Berichterstattung an. Wenn man jetzt eine gewöhnliche Zeitung aufschlägt, dann ist der Raum, der Frauen im Fußball gegeben wird, oft sehr klein. Wenn man allgemein mehr über Frauen im Sport spricht, dann verändert sich auch das Bild und dann ist es völlig natürlich, dass Frauen genau denselben Raum bekommen, die auch Männer bekommen.
– Was ist deine Meinung, hat das vielleicht damit zu tun, dass es auch weniger Trainerinnen gibt im Allgemeinen? Wie sind da deine Erfahrungswerte?
– Ja, es gibt viel zu wenig Trainerinnen. Das liegt zum einen daran, dass ich glaube, Frauen trauen sich das eher weniger zu. Wenn man sie fragt, dann sagen Männer sofort, ja, mache ich, das traue ich mir zu und Frauen sind da oft sehr zaghaft. Ich glaube, man muss sie gezielt ansprechen und ihnen vielleicht auch manche Fördermöglichkeiten ermöglichen, wie das im Burgenland aktuell der Fall ist. Frauen werden gefördert, wenn sie einen Trainerkurs machen wollen, da gibt es eine finanzielle Förderung vom Land. Ich glaube, sowas ist vielleicht auch ein erster Anreiz.
– Du hast vorher die finanziellen Mittel angesprochen. Wie kommt es zu den Ungleichmäßigkeiten zwischen Frauen und Männern im Allgemeinen? Warum kriegen Frauenmannschaften weniger Förderungen als Männer?
– Ich glaube, es war einfach so, dass es den Männern zugesprochen worden ist, weil der Fußball sich auch so entwickelt hat. Frauen sind erst später dazu gekommen, deswegen mussten sie sich sehr viele Dinge erkämpfen, die für Männer im Fußball völlig selbstverständlich waren. Wie eben, dass man mit Dressen ausgestattet wird oder dass man sonstige Entschädigungen kriegt. Das ist, zum Teil immer noch nicht so bei Frauen. Ich glaube, in der 2. Bundesliga bekommen sie das Kilometergeld ausgezahlt und das war es. Wenn man das mit den Männern vergleicht, dann ist da schon ein großes Ungleichgewicht vorhanden.
– Wir haben immer zwischen Frauen und Männern verglichen. Gehen wir ins Allgemeine. Was ist denn das Schöne am Fußballspielen und am Sport generell?
– Fußball ist ein irrsinnig schöner Sport, finde ich, weil man Dinge gemeinsam erreicht. Man gewinnt zusammen, man verliert zusammen, man sitzt danach zusammen und überlegt, was man vielleicht anders hätte machen können. Es ist einfach ein schöner Teamsport der zeigt, dass man gemeinsam viel mehr erreichen kann als alleine.
– Welche negativen Erfahrungen hast du in deiner Vergangenheit gemacht und wie bist du damit umgegangen?
– Ich habe als Kind schon die Erfahrung gemacht, dass ich das einzige Mädchen in der Mannschaft war. Wenn man dann alleine vorm Tor steht und man bekommt den Ball nicht zugepasst, weil man ein Mädchen ist, dann tut das schon weh. Das war für mich sehr hart. Mein Papa war mein Trainer und hat immer versucht, mir Rückhalt zu geben. Aber irgendwann fragt man sich, ob man überhaupt gut genug ist und irgendwann verliert man dann auch die Lust am Sport. Das hat dazu geführt, dass ich dann eben aufgehört habe, Fußball zu spielen.
– Wie sieht es mit Machismus, Sexismus und Frauenfeindlichkeit am Platz aus?
– Ich glaube, es nimmt schon ein bisschen ab. Es ist nicht mehr so schlimm, wie es noch vor einigen Jahren war, aber es ist schon noch da. Man muss sich nur die Kommentare anschauen. Wenn unser Frauennationalteam etwas Gutes erreicht hat, wie viele Kommentare, die vor allem sehr sexistisch sind, da immer noch zu finden sind. Und das ist leider, je weiter man in den ländlichen Bereich geht, desto schlimmer ist es. Also es wird einem immer noch gesagt, Frauen können nicht Fußball spielen. Da ist schon eine sehr sexistische Einstellung teilweise noch vorhanden. Da werden einem auch Erfolge abgesprochen. Das ist nicht schön.
– Stichwort Nationalteam. Das ist ja auch in den letzten Jahren immer besser geworden und immer mehr ins Rampenlicht gerückt. Es war ein EM-Qualifikationsspiel gegen den damaligen Europameister England. Sie haben im Wembley-Stadion gespielt. Knapp 70.000 waren im Stadion. Und bei der Rückrunde, als sie in Österreich gespielt haben, haben sie in Wiener Neustadt vor 2000 Leuten gespielt. Was glaubst du, woran diese krassen Unterschiede jetzt von Österreich zu England liegen?
– Schwierig. Ich glaube, in Österreich ist das auch irgendwie historisch gewachsen. Wir waren doch relativ spät mit der Gründung des Frauennationalteams. Ich glaube, es war in den 90ern. Ist noch nicht so lang her. Und deswegen ist das Bewusstsein auch noch nicht da, glaube ich. Wenn man unser Nationalteam mit anderen Ländern vergleicht, dann können wir wirklich mithalten. Das sind Erfolge, wo man sich nicht verstecken muss. Es muss nur bei den Leuten, glaube ich, in der Breite auch ankommen. Dass man unterstützt und sagt, die Frauen, die können ja wirklich Fußball spielen. Da gab es auch jetzt eine interessante Studie. Übrigens, da hat man verpixelt Männern und Frauen Szenen gezeigt. Durchgängig war die Meinung, dass das wirklich guter Fußball ist. Und erst im Nachhinein hat man ihnen gesagt, dass das Frauen sind. Und da waren alle ganz überrascht. Ich glaube, man muss vielleicht auch manchmal ablegen, dass das jetzt Frauen sind. Ich glaube, es sollte der Sport an sich zählen.
– Jetzt aus deinem Umfeld. Hast du irgendwelche guten Beispiele oder Vereine, die gut vorangehen, die gut arbeiten in dem Bereich? Obfrauen, Trainerinnen oder Spielerinnen, die sich dafür einsetzen, dass der Frauenfußball in Österreich und generell noch einen Stellenwert gewinnt?
– Wir haben in Burgenland dieses Projekt gegründet. „real. girls. play. SOCCER.„. Da habe ich jetzt sehr viele Trainerinnen in meinem Umfeld und sehr viele Vereine, die wirklich etwas weiterbringen. Ich glaube, im Burgenland tut sich da sehr viel. Und das finde ich sehr toll, dass auch die Frauenreferentin vom Burgenländischen Fußballverband sehr dahinter ist.
– Was macht ihr da genau?
– Wir haben verschiedene Initiativen gegründet. Es gibt zum einen das Pilotprojekt, der Mädchenschülerliga. Damit Mädchen, genauso wie Burschen Schülerliga spielen können und auch in der Schule gefördert werden. Wir haben eben diese finanzielle Förderung, von der ich schon gesprochen habe. Wir haben verschiedene Stützpunkte eingeführt, damit die Talente auch gefördert werden, wie das bei den Burschen der Fall ist. Ganz, ganz viele Sachen. Das zahlt sich auch aus, weil aktuell ist das Burgenland, das Bundesland mit den meisten Mädchenteams in ganz Österreich.
– Wenn dir eine Fee einen Zauberstab in die Hand geben würde und du drei Dinge schlagartig, im Bezug auf Frauen im Fußball, verändern könntest, welche wären das?
– Gleiche Bezahlung für Männer und Frauen im Fußball. Gleiche Rahmenbedingungen, also jegliche Form von Förderung, die die Männer oder Burschen auch bekommen, auch für Frauen und Mädchen einführen. Und mehr Sichtbarkeit für Frauen im Sport oder im Fußball.