Die Rolle des Videoanalysten im Fußball hat sich in den letzten Jahrzehnten rasant entwickelt. Vom Analysewerkzeug für Trainer zu einer Schlüsselrolle in modernen Fußballvereinen, sowohl im Profi- als auch im Nachwuchsbereich, hat sich die Videoanalyse zu einem unverzichtbaren Bestandteil des Spiels entwickelt. In diesem Blog erfährst du Schritt für Schritt, wie du Videoanalyst werden kannst, welche Fähigkeiten und Qualifikationen du dafür benötigst und welche speziellen Wege es in Österreich gibt, um in diesem Beruf Fuß zu fassen.
Was macht eigentlich ein Videoanalyst im Fußball?
Ein Videoanalyst ist ein hochspezialisierter Mitarbeiter eines Fußballvereins oder -verbandes, dessen Hauptaufgabe es ist, Spiele und Trainingseinheiten zu analysieren, um die Leistung der Mannschaft zu verbessern und den Trainer bei der taktischen Vorbereitung zu unterstützen.
Spielanalyse: Nach jedem Spiel wird das gesamte Material vom Videoanalysten analysiert. Dabei geht es um taktische Muster, die Leistung einzelner Spieler, aber auch um die Auswertung spezifischer Spielsituationen wie Standardsituationen, Pressingverhalten und Konter.
Gegneranalyse: Ein wichtiger Teil der Arbeit ist die detaillierte Analyse der gegnerischen Mannschaften. Der Videoanalyst untersucht die Spielweise, typische Angriffsmuster, Abwehrschwächen und Schlüsselspieler, um dem Trainerteam einen genauen Überblick zu verschaffen.
Trainingsevaluation: Videoanalysten filmen auch Trainingseinheiten, um deren Effektivität zu evaluieren. Durch die Analyse des Trainingsmaterials können Verbesserungsvorschläge gemacht und spezifische Schwächen der Spieler identifiziert werden.
Berichterstellung und Präsentation: Die gesammelten Daten und Videoclips müssen in verständlicher Form aufbereitet werden, oft für das Trainerteam und die Spieler selbst. Hier kommen Videoclips mit taktischen Anmerkungen, PowerPoint-Präsentationen oder Berichte mit Visualisierungen zum Einsatz.
Live-Analyse: Bei vielen Profi- und Amateurmannschaften sitzt der Videoanalyst während des Spiels direkt auf der Tribüne oder in der Nähe der Trainerbank und liefert dem Trainerteam Echtzeitdaten. Dies ermöglicht taktische Anpassungen noch während des Spiels.
Fußballerisches Verständnis: Ein solides Verständnis von Taktik und Strategie ist die Grundlage für jeden Videoanalysten. Ohne dieses Wissen ist es nahezu unmöglich, die richtige Bedeutung hinter den auf Video festgehaltenen Spielsituationen zu erkennen.
Taktisches Wissen: Man muss wissen, wie verschiedene Formationen funktionieren, welche Spielprinzipien dahinter stehen und wie verschiedene Taktiken wie Pressing, Umschaltspiel oder Ballbesitzspiel funktionieren.
Spielanalyse-Perspektive: Es ist wichtig, nicht nur das Spielgeschehen zu beobachten, sondern auch zu verstehen, welche tieferen taktischen Beweggründe hinter den Entscheidungen der Spieler oder des Trainers stehen. Das Verstehen „unsichtbarer“ Aspekte wie Raumaufteilung, Laufwege und Abwehrstrategien ist entscheidend.
Technische Kenntnisse: Ein Videoanalyst muss mit einer Vielzahl von Softwaretools und Technologien vertraut sein, um effizient arbeiten zu können.Die folgenden Technologien und Programme sind in der Regel unverzichtbar:
Datenanalyse und Statistik: In der modernen Fußballanalyse spielt die Datenanalyse eine immer wichtigere Rolle. Neben der reinen Videobearbeitung müssen Videoanalysten in der Lage sein, Daten zu interpretieren und für Trainer und Spieler verständlich aufzubereiten.
Statistische Werkzeuge: Es ist von Vorteil, wenn man mit Excel oder Google Sheets arbeiten und grundlegende statistische Analysen durchführen kann.Fortgeschrittene Kenntnisse in Programmen wie Tableau oder R können dir helfen, Daten visuell darzustellen und tiefergehende Analysen durchzuführen.
Fußballanalyse-Plattformen: Plattformen wie Opta, FBref oder StatsBomb sind wichtige Quellen für umfassende statistische Analysen und können mit der Videoanalyse kombiniert werden, um fundierte Erkenntnisse zu gewinnen.
Detailgenauigkeit: Man muss in der Lage sein, kleinste Details zu erkennen, die oft über Sieg oder Niederlage entscheiden. Ein Auge für taktische Feinheiten und Spielerbewegungen ist unerlässlich.
Kommunikationsfähigkeit: Ein Videoanalyst arbeitet eng mit dem Trainerteam zusammen. Du musst in der Lage sein, deine Analyse klar und verständlich zu präsentieren. Oft arbeiten die Analysten auch direkt mit den Spielern zusammen, weshalb eine verständliche Kommunikation unerlässlich ist.
Österreich bietet eine Vielzahl an Ausbildungsmöglichkeiten, um sich als Videoanalyst im Fußball zu qualifizieren.
Universitäre Ausbildung: Eine akademische Ausbildung in Sportwissenschaften oder verwandten Fächern bietet eine solide theoretische Grundlage. Viele Universitäten in Österreich bieten Kurse in Sportanalyse und Fußballtaktik an.
Ein Beispiel hierfür ist die Universität Wien. Es gibt einen speziellen sportwissenschaftlichen Schwerpunkt, der auch Module in Spielanalyse und Taktik beinhaltet. Der Vorteil einer universitären Ausbildung ist, dass nicht nur technische Fertigkeiten, sondern auch theoretisches Wissen über Sportökonomie, Psychologie und Management vermittelt wird.
Trainerlizenzen beim ÖFB: Eine weitere Möglichkeit ist die Ausbildung über den Österreichischen Fußballbund (ÖFB). Vor allem im Rahmen von Trainerausbildungen wie der UEFA B- oder A-Lizenz werden wichtige taktische Module angeboten, die für die Arbeit als Videoanalyst relevant sind.
Diese Kurse bieten nicht nur die notwendige fußballspezifische Ausbildung, sondern auch ein gutes Netzwerk zu anderen Trainern und Analysten, das dir beim Einstieg in den Beruf helfen kann.
Spezialisierte Lehrgänge und Workshops: In Österreich gibt es auch spezialisierte Ausbildungen für Videoanalysten.
Private Kurse und Online-Angebote: Plattformen wie Coursera oder edX bieten Kurse zur Sportanalyse an. Diese sind oft eine gute Ergänzung zur Praxiserfahrung und ermöglichen es, das Wissen gezielt zu erweitern.
Praktika und Hospitationen: Wie in vielen Bereichen des Sports ist praktische Erfahrung von unschätzbarem Wert. In Österreich gibt es zahlreiche Möglichkeiten, Praktika bei professionellen oder semiprofessionellen Vereinen zu absolvieren.
Networking: Ein starkes Netzwerk ist entscheidend für den Erfolg als Videoanalyst. Besuche Trainerfortbildungen, Sportevents oder Konferenzen, um mit Gleichgesinnten in Kontakt zu treten. In Österreich gibt es regelmäßig Veranstaltungen im Rahmen der ÖFB-Trainerkurse oder bei großen Turnieren, die sich ideal zum Netzwerken eignen.
Eigene Projekte: Viele erfolgreiche Videoanalysten haben sich mit eigenen Analyseprojekten einen Namen gemacht. Das bedeutet, dass du zum Beispiel Spiele aufnimmst, analysierst und die Ergebnisse auf Plattformen wie YouTube oder einem eigenen Blog teilst. Solche eigenen Projekte können als Arbeitsproben dienen und bei Bewerbungen helfen.
Der Beruf des Videoanalysten ist in Österreich – wie auch in anderen Ländern – stark im Kommen. Vor allem Profivereine und Nationalmannschaften setzen verstärkt auf die Analyse, um ihre sportlichen Leistungen zu verbessern. Hier einige mögliche Karrierewege:
Profivereine: Die höchste Stufe ist die Arbeit für einen Bundesligaverein oder einen internationalen Verein. Diese Positionen erfordern in der Regel viel Erfahrung und ein starkes Portfolio.
Nationalmannschaft: Der ÖFB beschäftigt auch Videoanalysten für seine Nationalmannschaften. Diese Positionen bieten die Möglichkeit, auf höchstem Niveau zu arbeiten und internationale Turniere zu begleiten.
Akademien und Nachwuchszentren: Der Einstieg über den Nachwuchsbereich ist oft eine gute Möglichkeit, Erfahrung zu sammeln und sich für höhere Positionen zu qualifizieren.
Gehen wir einen möglichen Karriereweg durch, der von der Begeisterung für Fußball bis zur Anstellung als Videoanalyst bei einem österreichischen Bundesligaverein führt.
Am Anfang steht die Leidenschaft für den Fußball. Viele Videoanalysten kommen aus einem Umfeld, in dem sie entweder selbst Fußball gespielt haben oder sich intensiv für Fußball interessieren. In dieser Phase geht es darum, so viel Fußball wie möglich zu konsumieren und ein tiefes Verständnis für Taktik, Spielerrollen und Strategien zu entwickeln.
Praktische Fußballerfahrung: Vielleicht spielst du selbst in einem Amateurverein oder bist leidenschaftlicher Fußballfan. Ziel ist es, ein tiefes Verständnis für das Spiel zu entwickeln. Dazu gehört das Verständnis verschiedener Formationen, Spielphasen (Aufbau, Umschalten, Konter) und taktischer Systeme.
Erste Einblicke in die taktische Analyse: Du kannst Bücher über Fußballtaktik wie „Inverting the Pyramid“ von Jonathan Wilson lesen oder Online-Taktikanalysen und Podcasts verfolgen, um dein Wissen zu vertiefen.
Im nächsten Schritt geht es darum, die technischen Fähigkeiten zu entwickeln, die ein Videoanalyst braucht. In dieser Phase lernst du den Umgang mit Videoanalysetools und Software. Ein guter Videoanalyst muss nicht nur Fußballverstand haben, sondern auch mit modernen Technologien umgehen können.
Videobearbeitung lernen: Lerne grundlegende Software wie Adobe Premiere Pro oder Final Cut, um einfache Videoclips zu schneiden und zu bearbeiten.
Erlernen speziellerer Analysesoftware: Benutze Software wie Hudl Sportscode, Nacsport oder InStat, die bei Profivereinen weit verbreitet ist. Diese Programme ermöglichen es, Spielaufzeichnungen zu kodieren, Szenen zu markieren und umfassende Analysen zu erstellen.
Datenanalyse-Kenntnisse erwerben: In der modernen Videoanalyse spielt die Dateninterpretation eine große Rolle. Lerne grundlegende Excel-Kenntnisse und arbeite mit Statistikprogrammen wie R oder Python, um Fußballstatistiken zu analysieren und zu visualisieren.
Beispiel: Du entscheidest dich für einen Kurs in Videobearbeitung oder belegst einen der Online-Kurse zur Einführung in Sportscode. Parallel dazu analysierst du auf eigene Faust Fußballspiele und veröffentlichst sie auf Plattformen wie YouTube, um erste praktische Erfahrungen zu sammeln.
Nach der Entwicklung erster technischer Fähigkeiten ist der nächste Schritt die formale Ausbildung und das Sammeln praktischer Erfahrungen in der Fußballanalyse.
Studium der Sportwissenschaften: Ein Studium der Sportwissenschaften oder Trainingslehre an Universitäten wie der Universität Wien oder der Donau-Universität Krems vermittelt theoretisches Wissen zur Sportanalyse. Viele Studiengänge beinhalten Module zur Spielanalyse und bieten dir die Möglichkeit, diese mit Praxismodulen zu kombinieren.
Trainer-Lizenzen: Alternativ oder parallel zum Studium kannst du beim ÖFB (Österreichischer Fußballbund) Trainerlizenzen erwerben, wie z.B. die UEFA B-Lizenz, in der Taktik und Spielanalyse behandelt werden. Diese Lizenzen können wichtig sein, um als Analyst ernst genommen zu werden.
Praktika bei Vereinen: Um wertvolle praktische Erfahrungen zu sammeln, kannst du Praktika bei lokalen Amateur- oder semiprofessionellen Vereinen suchen. Hier kannst du das im Studium Gelernte in die Praxis umsetzen und erste Kontakte in der Fußballwelt knüpfen.
Beispiel: Nach dem Studium fängst du als Praktikant bei einem regionalen Fußballverein in der zweiten Liga an. Dort hast du die Aufgabe, die Spiele der ersten Mannschaft zu filmen und erste Analysen für das Trainerteam zu erstellen. Du bekommst einen Einblick in das Leben eines Analysten und kannst erste wertvolle Kontakte knüpfen.
Mit deinem Studium oder deiner Trainerlizenz und deinen praktischen Erfahrungen im Gepäck bist du bereit für deine ersten professionellen Jobs.
Arbeit bei Amateur- und semiprofessionellen Vereinen: Der Einstieg in den Profifußball erfolgt oft über den Nachwuchsbereich oder über semiprofessionelle Vereine. Hier kannst du als Analyst arbeiten und deine Fähigkeiten weiterentwickeln. Viele Analysten beginnen ihre Karriere in Nachwuchsakademien oder bei Amateurvereinen, um Erfahrungen zu sammeln.
Beispiel: Du bekommst eine Teilzeitstelle als Videoanalyst bei einem Verein der 2. österreichischen Bundesliga. Hier arbeitest du eng mit dem Trainerteam zusammen, analysierst die Gegner und erstellst wöchentliche Berichte. Du lernst, deine Analysen so aufzubereiten, dass sie für das Trainerteam und die Spieler leicht verständlich sind. Parallel dazu besuchst du regelmäßig ÖFB-Schulungen, um dein Netzwerk zu erweitern.
Mit einigen Jahren Erfahrung als Videoanalyst und einem soliden Netzwerk hast du nun die Möglichkeit, den nächsten Karriereschritt zu machen.
Aufstieg in den Profibereich: Der Weg in die österreichische Bundesliga führt über Erfahrung, Reputation und Kontakte. Viele Analysten werden durch ihre Arbeit in den unteren Ligen oder durch Empfehlungen für Profivereine interessant.
Spezialisierung: Einige Analysten spezialisieren sich in dieser Phase weiter – etwa auf bestimmte Taktiken oder die Arbeit mit bestimmten Spielertypen (Stürmer, Verteidiger). Das macht sie zu wertvollen Experten im Team eines Bundesligavereins.
Wachsende Verantwortung: Als Bundesliga-Analyst wächst deine Verantwortung. Du arbeitest eng mit einem Team von Analysten zusammen und bist für detaillierte Gegneranalysen, Echtzeitanalysen während des Spiels und die Spielvorbereitung zuständig.
Beispiel: Aufgrund deiner erfolgreichen Arbeit in der 2. Liga wirst du von einem Verein der österreichischen Bundesliga, z.B. Austria Wien, kontaktiert. Du startest dort als Analyst und unterstützt den Cheftrainer bei der Spielvorbereitung. Deine Arbeit umfasst die detaillierte Analyse der Spiele deiner Mannschaft sowie die Vorbereitung auf die kommenden Gegner. Du analysierst Videoaufzeichnungen und Daten von Plattformen wie zone14 und präsentierst diese Informationen dem Trainerteam. Gleichzeitig hilfst du, taktische Änderungen im Live-Spiel umzusetzen.
Der aufgezeigte Weg ist jedoch nur einer von vielen. Um ein erfolgreicher Videoanalyst zu werden, braucht es Geduld, Hingabe und eine gute Balance zwischen fußballerischem Wissen und technischer Expertise. In Österreich gibt es viele Möglichkeiten, in diesen Beruf einzusteigen, sei es über eine universitäre Ausbildung, spezielle Trainerausbildungen oder selbstständige Weiterbildung. Wenn du deine Leidenschaft für Fußball mit technischem Verständnis verbinden kannst und bereit bist, ständig dazuzulernen, steht dir eine spannende Karriere als Videoanalyst bevor.
Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der Kombination von theoretischem Wissen, praktischer Erfahrung und einem starken Netzwerk. Je mehr Zeit du bereit bist, in deine Aus- und Weiterbildung zu investieren, desto größer sind deine Chancen, in dieser aufstrebenden Branche Fuß zu fassen.
Für angehende Trainer bedeutet das aber auch, dass der Weg nach oben Disziplin, Geduld und eine große Leidenschaft für das Spiel erfordert. Wer sich dieser Herausforderung stellt, kann sicher sein, eine Ausbildung zu erhalten, die ihn auf das höchste Niveau des Fußballs vorbereitet.